Anerkennung in Kita-Berufen
Ulrike Benzer ist Mitautorin der „Situationsanalyse Frühpädagogik“ (2022). Im Interview fasst sie die Ergebnisse der IQ Studie zur Anerkennung von frühpädagogischen Fachkräften zusammen.
Ulrike Benzer ist Mitautorin der „Situationsanalyse Frühpädagogik“ (2022). Im Interview fasst sie die Ergebnisse der IQ Studie zur Anerkennung von frühpädagogischen Fachkräften zusammen.
Worum geht es in der „Situationsanalyse Frühpädagogik“?
Ulrike Benzer: Wir haben uns angesehen, wie Personen mit ausländischer Ausbildung in Deutschland als Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen arbeiten können. Wie funktioniert die berufliche Anerkennung in diesem Bereich und wo gibt es Verbesserungspotenzial? Dazu haben wir vor allem die Erfahrungen von IQ Expertinnen und Experten zusammengetragen, die frühpädagogische Fachkräfte zur Anerkennung beraten oder qualifizieren. Außerdem haben wir weitere Zahlen und Quellen ausgewertet.
Wie laufen die Verfahren aktuell ab? Wo liegen die Herausforderungen?
Ulrike Benzer: Eine Besonderheit ist, dass die Berufsbezeichnungen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Wer in Baden-Württemberg als Kinderpfleger arbeitet, ist in Hamburg ein Sozialpädagogischer Assistent. Sozialpflegerinnen sind teilweise damit identisch, teilweise aber auch eher für die Unterstützung und Pflege von Menschen mit Behinderung ausgebildet. Und seit etwa zehn Jahren gibt es Kindheitspädagoginnen, die akademisch ausgebildet werden. Das Berufsbild ist jedoch noch nicht in der Breite bekannt und überschneidet sich in der Praxis stark mit dem von Erziehern. Das macht es für Anerkennungssuchende nicht einfach, den für sie passenden Referenzberuf zu bestimmen.
Anträge auf Anerkennung in frühpädagogischen Berufen werden im Vergleich zu anderen Berufen besonders häufig negativ oder mit der Auflage von Ausgleichsmaßnahmen beschieden. Hier ist die Praxis je nach Bundesland unterschiedlich. Um als Fachkraft in einer Kita arbeiten zu können, ist eine erfolgreiche Anerkennung allerdings zwingende Voraussetzung.
Welche Möglichkeiten haben ausländische Fachkräfte, die nicht direkt die volle Anerkennung erreichen?
Ulrike Benzer: Für den Ausgleich wesentlicher Unterschiede können Anerkennungssuchende theoretisch zwischen einer Eignungsprüfung und einem Anpassungslehrgang wählen. In der Praxis ist eine Eignungsprüfung aber oft nicht möglich. Entweder weil in den Bescheiden nicht darauf hingewiesen wird oder es an entsprechenden Vorbereitungs- und Prüfungsoptionen mangelt. Anerkennungssuchende bevorzugen auch von sich aus meist Anpassungslehrgänge, in denen sie in der Regel eine Kombination aus Praxisphasen an einer frühpädagogischen Einrichtung und theoretischen Einheiten an einer Fach(hoch)schule absolvieren. Dabei können sie bereits Kontakte für eine spätere Beschäftigung knüpfen. Allerdings gibt es auch Anpassungslehrgänge nicht überall, weil Kooperation und Koordination der Akteure nicht immer gelingt, wenn z.B. personelle oder zeitliche Ressourcen fehlen.
Da Kommunikation in diesen Berufen eine zentrale Rolle spielt, sind die sprachlichen Anforderungen für ausländische Fachkräfte sehr hoch. Der Erwerb der notwendigen Deutschkenntnisse ist also ebenfalls eine besondere Herausforderung. Denn auch berufssprachliche Kurse sind nicht flächendeckend verfügbar. Entsprechende Angebote wurden im IQ Netzwerk entwickelt, auch weil es bislang keine DeuFöV-Kurse speziell für diese Berufsgruppe gibt.
Gibt es andere Wege, um als ausländische Fachkraft in einer Kita arbeiten zu können?
Ulrike Benzer: Neben der beruflichen Anerkennung gibt es z.B. die sogenannte Trägeranerkennung. Damit bezeichnen wir die Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde (meist das örtliche Jugendamt) für eine konkrete Stelle, den Träger oder das jeweilige Bundesland. Die Möglichkeiten variieren auch hier je nach Bundesland. Die Antragstellung läuft grundsätzlich über den Träger. Für die ausländische Fachkraft entstehen keine direkten Kosten. Diesen Weg gehen durchaus nicht wenige Fachkräfte. Manche auch als ersten Schritt, um Berufserfahrung in Deutschland zu sammeln, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und zu einem späteren Zeitpunkt die berufliche Anerkennung anzugehen.
Wie könnte die Situation der Berufsanerkennung verbessert werden?
Ulrike Benzer: Zunächst wären regelmäßige und verbindliche Abstimmungen zwischen den Bundesländern hilfreich, um mehr Einheitlichkeit und Transparenz in Bezug auf Berufsbilder und Verfahren herzustellen. Dabei sind die zuständigen Stellen natürlich von zentraler Bedeutung. Ein bundeslandübergreifender Austausch könnte die Verfahren ebenso vereinheitlichen wie der Einsatz von Mustergutachten der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB). Die Jugend- und Familienkonferenz (JFMK) und die Kultusministerkonferenz (KMK) könnten für eine klarere Abgrenzung der Berufsbilder sowie eine einheitlichere Ausrichtung der Assistenzberufe eintreten.
Ein zielgerichteter Ausbau der Qualifizierungsangebote, der sich am Bedarf der Fachkräfte orientiert, scheint dringend notwendig. Ideal wären Online-Formate vor allem in ländlichen Regionen, modularisierte Angebote für einen flexiblen Einstieg und berufsbegleitende Kurse.
Einige Fragen bleiben weiterhin offen: Wie gut wird die Zielgruppe der Anerkennungssuchenden im frühpädagogischen Bereich erreicht? Was machen Fachkräfte, die zunächst keine Anerkennung erhalten? Welchen Stellenwert haben alternative Wege zur Anerkennung und welche beruflichen Perspektiven bieten sie?
Das Interview mit Ulrike Benzer fand im April 2022 statt. Sie ist Mitautorin der aktuellen Studie „Berufliche Anerkennung frühpädagogischer Fachkräfte mit einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation – Situationsanalyse aus Sicht des Förderprogramms IQ“. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) ist Ulrike Benzer seit 2012 für die IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung (bzw. deren Vorgängerprojekte) tätig. Aufgabe der Fachstelle ist u.a. die fachliche Begleitung und Unterstützung der IQ Landesnetzwerke und Teilprojekte in den Bereichen Beratung und Qualifizierung sowie die Verknüpfung themenspezifischer praktischer Erfahrungen mit wissenschaftlicher Expertise und deren Transfer in die (Fach-)Öffentlichkeit.
Wichtige Informationen zur Zuständigkeit und Details zum Anerkennungsverfahren z.B. für den Referenzberuf „Kinderpfleger/in“ oder „Sozialpädagogische/r Assistent/in“ bieten der Profi-Filter hier im Profi-Bereich und der Anerkennungs-Finder im Fachkräfte-Bereich von „Anerkennung in Deutschland“.
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