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„Es ist einfach ein tolles Gefühl“

Seit April 2024 unterstützt Esra Guzeltepe bei ProRecognition türkische Fachkräfte auf ihrem Weg nach Deutschland. Im Interview berichtet sie über erste Erfahrungen.

Esra Guzeltepe ist Anerkennungsberaterin bei ProRecognition an der Auslandshandelskammer (AHK) in der Türkei. Seit April 2024 unterstützt sie türkische Fachkräfte auf ihrem Weg nach Deutschland und hilft ihnen bei der Anerkennung. Im Interview erzählt sie von ihrem Einstieg bei ProRecognition, den Herausforderungen, mit denen die Fachkräfte konfrontiert sind, sowie besonderen Momenten, die ihren Arbeitsalltag so erfüllend machen.

Wie sind Sie zu ProRecognition an der AHK in der Türkei gekommen?

Esra Guzeltepe: Ich habe die Stellenausschreibung an der AHK Türkei gesehen und fand sie sofort sehr spannend. Die Möglichkeit, Menschen auf ihrem Weg nach Deutschland zu unterstützen, hat mich direkt angesprochen. Es war definitiv ein Sprung ins kalte Wasser, da das Thema für mich neu war. Aber ich habe mich schnell eingearbeitet und mittlerweile macht mir die Arbeit sehr viel Freude.

Welche Aufgaben haben Sie bei ProRecognition?

Esra Guzeltepe: Ich bin die Ansprechpartnerin für türkische Fachkräfte, die in Deutschland Fuß fassen wollen. Mein Job ist es, sie bei der Anerkennung ihrer Qualifikationen zu unterstützen. Gemeinsam schauen wir uns ihren Ausbildungs- und Berufsabschluss an. Ich helfe ihnen, den passenden Referenzberuf zu finden und die notwendigen Unterlagen zusammenzustellen. Und ich beantworte ihre Fragen zum Anerkennungsverfahren. 
Außerdem organisiere ich Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit unseren Partnern, wie dem deutschen Konsulat in der Türkei und dem Goethe-Institut. Wir bieten Infoveranstaltungen an, z.B. für Ingenieure oder Physiotherapeutinnen – da gibt es einfach besonders viele Fragen und großen Informationsbedarf.

Wer kommt zu Ihnen in die Beratung und welche Qualifikationen bringen die Personen mit?

Esra Guzeltepe: Bei uns landet wirklich eine bunte Mischung. Rund 55 Prozent der Fachkräfte kommen aus dem nicht reglementierten Bereich wie IT oder Elektrotechnik. Die anderen 45 Prozent sind meist Ingenieure, Lehrerinnen oder kommen aus dem Gesundheitsbereich, wie z.B. Ärzte, Pflegefachkräfte sowie Gesundheits- und Krankenpflegehelferinnen. 

Mit welchen Fragen kommen die türkischen Fachkräfte zu Ihnen?

Esra Guzeltepe: Die Fragen sind sehr unterschiedlich, aber es geht oft um ganz praktische Dinge: Wie komme ich nach Deutschland? Brauche ich die Anerkennung? Wie kann ich den Prozess beschleunigen? Viele fragen auch nach den Kosten und der Dauer des Anerkennungsverfahrens.

Die meisten Anfragen betreffen aktuell die Chancenkarte. Ich unterstütze die Fachkräfte dabei, sich im Punktesystem zurechtzufinden. Wir machen oft gemeinsam den Self-Check auf „Make it in Germany“. Fragen zur Anerkennungspartnerschaft sind bisher eher selten, da haben wir vielleicht ein oder zwei Anfragen. Insgesamt haben wir seit April 2024 bereits über 95 Fachkräfte zur Anerkennung beraten.

An welche Beratung erinnern Sie sich besonders gern?

Esra Guzeltepe: Eine Beratung, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war mit einem Elektrotechniker, der gerne nach Deutschland wollte. Er hatte bereits viel Erfahrung in seinem Beruf. Nach einer intensiven Beratung und der Zusammenstellung seiner Unterlagen hat er den Antrag auf Anerkennung gestellt. Wir haben auch über Karrieremöglichkeiten in Deutschland gesprochen. Es war schön zu sehen, wie er nach der Beratung durchstartete: Er hat sich bei mehreren Unternehmen beworben und ein Jobangebot erhalten! Jetzt wartet er nur noch auf den Anerkennungsbescheid. Es ist einfach fantastisch, solche Geschichten zu erleben und zu sehen, wie Menschen ihren Traum verwirklichen. 

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für türkische Fachkräfte, die nach Deutschland auswandern wollen?

Esra Guzeltepe: Die Sprache, definitiv! Viele kommen ohne ausreichende Deutschkenntnisse, und das ist ein riesiger Stolperstein. Dazu kommen die kulturellen Unterschiede – man muss sich in zwei Kulturen, der deutschen und türkischen, zurechtfinden. Das kann eine echte Herausforderung sein.

Und dann gibt es noch die langen Wartezeiten. Nachdem die Fachkräfte ihren Anerkennungsbescheid bekommen haben, warten sie manchmal Monate auf einen Termin für das Visum. Ein halbes Jahr ist da keine Seltenheit. Bei der Blauen Karte geht es in der Regel viel schneller: Wer sie beantragt, bekommt meist innerhalb eines Monats eine Rückmeldung. 

Was macht Ihnen bei Ihrer Arbeit für ProRecognition am meisten Freude?

Esra Guzeltepe: Es ist einfach ein tolles Gefühl, Menschen wirklich weiterhelfen zu können. Viele träumen davon, in Deutschland zu leben und zu arbeiten, und ich bin eine der ersten Anlaufstellen für sie. Wenn ich dann sehe, dass jemand seinen Weg findet, ist das unglaublich schön. 

Das Interview mit Esra Guzeltepe fand im August 2024 statt. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte und von der DIHK Service GmbH umgesetzte Projekt ProRecognition ist neben der Türkei noch an acht weiteren AHK-Standorten vertreten: Ägypten, Algerien, Brasilien, Indien, Kolumbien – und neu seit 2024 – Indonesien, Marokko und Philippinnen. Mehr über das Projekt erfahren Sie in diesem Portal und auf der Internetseite des Projekts ProRecognition.

Wichtige Informationen zur Zuständigkeit und Details zum Anerkennungsverfahren für die deutschen Referenzberufe bieten der Profi-Filter im Profi-Bereich und der Anerkennungs-Finder im Fachkräfte-Bereich des Informationsportals „Anerkennung in Deutschland“.