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Ein Angebot des Bundesinstituts für Berufsbildung

Vorteile der Anerkennung

Lejla Hujić berät für ProRecognition an der AHK in Bosnien und Herzegowina. Im Interview erläutert sie, welche Vorteile die Einwanderung als anerkannte Fachkraft gegenüber der Westbalkanregelung hat.

Die Westbalkanregelung ermöglicht seit 2016 allen Staatsangehörigen aus Albanien, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Kosovo sowie Bosnien und Herzegowina den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt in nicht reglementierten Berufen unabhängig von einer Berufsqualifikation und damit auch ohne formale Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation. Lejla Hujić, Anerkennungsberaterin bei „ProRecognition“ an der AHK in Bosnien und Herzegowina, rät Fachkräften und Unternehmen dennoch dazu, den Weg nach Deutschland über die Berufsanerkennung gemäß Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) zu wählen. Warum, erklärt sie im Interview.

2021 wurden die meisten Anträge auf Anerkennung zu Berufsqualifikationen aus Bosnien und Herzegowina gestellt. Wie erklären Sie sich das hohe Interesse an der Anerkennung? Denn es gibt ja auch die Westbalkanregelung.

Lejla Hujić: Die Fachkräfte, die zu uns in die Beratung kommen, wollen so schnell wie möglich nach Deutschland. Sie fragen uns, wie das am besten funktioniert und welche Voraussetzungen sie dafür mitbringen müssen. Tatsächlich haben viele bereits von der Westbalkanregelung gehört und wollen weitere Informationen. Wir versuchen allerdings, den Fachkräften die vielen Vorteile der Anerkennung der Berufsqualifikation als alternativen Weg näher zu bringen. Davon hören sie bei uns oft zum ersten Mal. Letztlich entscheiden sich die meisten beratenen Personen dann für den Weg über die Anerkennung. Wir beraten jeden individuell und versuchen – in Zusammenarbeit mit Partnern im Inland und in Deutschland, wie z.B. dem Goethe-Institut oder den Botschaften auf dem Westbalkan – einen möglichst hürdenfreien Weg nach Deutschland zu ebnen.

Warum empfehlen Sie den Fachkräften, mit einer Anerkennung der Berufsqualifikation nach Deutschland einzureisen?

Lejla Hujić: Wir informieren zunächst über beide Möglichkeiten und erläutern die Vor- und Nachteile. Bei einer abgeschlossenen Berufsausbildung empfehlen wir schließlich immer die Anerkennung. Denn die Erfolgsaussichten sind in vielen Berufen sehr gut, so z.B. für Elektroanlagenmonteure, Berufskraftfahrer oder Kaufleute für Büromanagement.

Dagegen kann die Westbalkanregelung zwar eine Möglichkeit sein, ohne Anerkennung nach Deutschland zu kommen. Allerdings werden die Termine bei den Visastellen aufgrund der hohen Nachfrage per Losverfahren vergeben. Viele Fachkräfte gehen dabei leer aus und müssen teils mehrere Monate bis Jahre auf einen Termin warten. Die Westbalkanregelung gilt auch nur für nicht reglementierte Berufe. Für Fachkräfte mit einem reglementierten Beruf z.B. in der Pflege führt der Weg immer über die Anerkennung. Zudem gibt es bei der Westbalkanregelung eine Vorrangprüfung der Bundesagentur für Arbeit (BA): Sie prüft, ob Personen aus Deutschland oder der EU für die Besetzung der Stelle zur Verfügung stehen. Auch ist die Westbalkanregelung derzeit auf 25.000 Arbeitskräfte pro Jahr begrenzt.

Bei Fachkräften gibt es keine Vorrangprüfung und keine Obergrenze. Die Anerkennung der Qualifikation erhöht zudem die Chancen auf eine langfristige berufliche und persönliche Integration der Fachkraft in Deutschland. Und sie hat Vorteile für die Unternehmen.

Was raten Sie deutschen Unternehmen, die an Fachkräften aus dem Westbalkan interessiert sind?

Lejla Hujić: Als Fachkraft mit Anerkennung gibt es keine Lotterie an den Visastellen. Termine können ohne Losverfahren unkompliziert gebucht werden. Das gibt sowohl den Unternehmen als auch den Fachkräften die Möglichkeit, die Einreise und den Arbeitsantritt vernünftig planen zu können. Außerdem können Arbeitgeber im Rahmen des FEG das beschleunigte Fachkräfteverfahren anstoßen, das die Verfahrenszeiten verkürzt.

Ein weiterer wichtiger Vorteil: Mit der Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation hat der deutsche Arbeitgeber einen offiziellen Nachweis über die Kenntnisse und die Berufserfahrung seiner Fachkraft. Das schafft Transparenz und somit viel Vertrauen. Wir haben in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass der Weg über die Anerkennung der bessere für ein langfristig erfolgreiches Matching zwischen Fachkräften aus dem Westbalkan und deutschen Unternehmen ist.

Man muss auch die Familie der ausländischen Fachkraft im Blick haben. Sie spielt nämlich eine Schlüsselrolle für die nachhaltige Integration und Motivation der Fachkraft. Und beim beschleunigten Fachkräfteverfahren kann die Familie gleich mit einreisen, wodurch die Bindung der Fachkraft an den Standort Deutschland gestärkt wird. Das schafft eine Win-win-Situation für alle.

Westbalkanregelung: Was ist zu beachten?

  • Einreise ohne Anerkennung möglich, aber nur in nicht reglementierten Berufen
  • konkretes Jobangebot von deutschem Arbeitgeber erforderlich
  • kein Nachweis deutscher Sprachkenntnisse erforderlich
  • Visum zur Einreise erforderlich (Losverfahren für Termine)
  • Anzahl der Zustimmungen auf 25.000 Arbeitskräfte je Kalenderjahr begrenzt 
  • Vorrangprüfung durch die BA

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Was ist zu beachten?

  • Anerkennung ausländischer Berufsqualifikation erforderlich 
  • konkretes Jobangebot von deutschem Arbeitgeber erforderlich
  • ggf. Nachweis deutscher Sprachkenntnisse zur Teilnahme an Nachqualifizierungen erforderlich
  • Visum zur Einreise erforderlich
  • Möglichkeit für Arbeitgeber, das beschleunigte Fachkräfteverfahren zu beantragen

Das Interview mit Lejla Hujić fand im Januar 2023 statt. Sie ist Anerkennungsberaterin bei „ProRecognition“ an der AHK in Bosnien und Herzegowina. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte und von der DIHK Service GmbH umgesetzte Projekt ProRecognition ist neben dem Westbalkan noch an neun weiteren AHK-Standorten vertreten: Ägypten, Algerien, Indien, Iran, Italien, Polen und Vietnam (seit 2015) sowie Brasilien und Kolumbien (seit 2020). Mehr über das Projekt erfahren Sie in diesem Portal und auf der Internetseite des Projekts ProRecognition.

Wichtige Informationen zur Zuständigkeit und Details zum Anerkennungsverfahren für die deutschen Referenzberufe bieten der Profi-Filter im Profi-Bereich und der Anerkennungs-Finder im Fachkräfte-Bereich von „Anerkennung in Deutschland“.