Marian Torres, Werkstoffprüferin

Mein Verfahren in Kürze

Meine Geschichte

„Als ich die teilweise Anerkennung bekommen habe, wusste ich: Jetzt öffnet sich für mich eine neue Tür.“

Konzentriert tastet Marian Torres mit dem Messfühler die Flugzeug-Außenhaut ab. Auf dem Bildschirm ihres Tablet-Computers erscheint ein grünes Feld. Marian Torres lächelt zufrieden. Denn das Messergebnis zeigt ihr, dass die äußerste Schicht der silbernen Flugzeug-Außenhaut aus hochreinem, äußerst stabilem Aluminium besteht. So soll es sein. 

Marian Torres ist Trainee Materialprüfung bei der Testia GmbH. Das Unternehmen gehört zum Airbus-Konzern. Testia ist darauf spezialisiert, Flugzeugstrukturen rundum zu prüfen. Marian Torres ist seit April 2024 bei Testia beschäftigt. Sie arbeitet im Airbus-Werk in Hamburg-Finkenwerder.

Den Job in der Luftfahrtbranche verdankt sie der teilweisen Anerkennung ihrer Ausbildung aus Venezuela. Die IHK FOSA bescheinigte ihr 2023 die teilweise Gleichwertigkeit ihrer Berufsqualifikation mit dem deutschen Referenzberuf „Werkstoffprüferin Fachrichtung Systemtechnik“.

In Valencia, der drittgrößten Stadt Venezuelas, begann Marian Torres 2014 ihre Ausbildung im Bereich Industrieproduktion als „Técnico Superior Universitario en Producción Industrial“. Ihr Plan war, nach der Ausbildung in der Pharmaindustrie zu arbeiten. „Ab 2014 ist alles in Venezuela wirtschaftlich und politisch schlimmer geworden. Ich habe in einer Apotheke gearbeitet, um mein Studium zu bezahlen. Aber da gab es keine Medikamente mehr. Da habe ich mich entschieden, nach der Ausbildung in ein anderes Land zu gehen.“

Marian Torres entschied sich für Deutschland. Denn ein deutscher Bekannter hatte ihr berichtet, dass sie hier viele Möglichkeiten hätte. Um Deutsch zu lernen, ging Marian Torres erst einmal für ein Jahr als Au-pair nach Deutschland. Das war im November 2017. Wenige Monate vorher hatte sie ihre Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen.

Der Aufenthalt als Au-pair endete im September 2018. Um noch besser Deutsch zu lernen, begann sie anschließend einen Bundesfreiwilligendienst. Das war in Hamburg, in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung. Danach fragte sich Marian Torres, wie es weitergehen sollte. In Venezuela hatte sie in einer Apotheke gearbeitet. Daher machte sie eine Ausbildung als Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte. 

Doch schließlich wollte Marian Torres wieder in ihrem erlernten Beruf arbeiten. Sie recherchierte im Internet und ließ sich von der Diakonie Hamburg zur Anerkennung beraten. Sie bereitete die Unterlagen für den Antrag auf Anerkennung vor. Dafür musste Marian Torres einiges übersetzen lassen. Das kostete Geld. Nach einem Hinweis der Diakonie beantragte sie finanzielle Unterstützung bei einem Stipendienprogramm der Hamburgischen Investitions- und Förderbank. Sie erhielt eine finanzielle Förderung für die Kosten des Verfahrens. 

Den Antrag auf Anerkennung stellte Marian Torres bei der IHK FOSA in Nürnberg. 2023 bekam Marian Torres Post: den Bescheid über die teilweise Anerkennung als Werkstoffprüferin mit der Fachrichtung Systemtechnik. Marian Torres fehlten einige Kenntnisse und Fertigkeiten. Auch fehlten ihr im Vergleich zur deutschen Ausbildung 1 Jahr und 6 Monate im praktischen Ausbildungsteil. 

Welche Möglichkeiten gibt es, mit dem Bescheid über die teilweise Anerkennung zu arbeiten?

„Erst einmal wusste ich nicht, wo ich mit der teilweisen Anerkennung überhaupt arbeiten kann.” Deshalb ließ sich Marian Torres vom Hamburger IQ Projekt „Anerkannt & Kompetent – neue Fachkräfte für Unternehmen“ beraten. Projektleiter Hakim Chohbishat erklärte Marian Torres, welche Möglichkeiten sie hatte: „Für eine volle Anerkennung müsste sie eine 18-monatige Anpassungsqualifizierung machen. Marian Torres kann aber auch direkt mit ihrer teilweisen Anerkennung nach passenden Jobs suchen.“ 

Marian Torres wählte den direkten Weg auf den Arbeitsmarkt. Im Februar 2024 bekam sie eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. „Das Vorstellungsgespräch hat nicht lange gedauert. Testia hat mir eine Anstellung als Trainee angeboten, und das habe ich direkt angenommen. Das war beruflich und finanziell eine sehr gute Chance für mich.“ 

Marian Torres blickt sehr optimistisch in ihre Zukunft: „Im Vergleich mit anderen Ländern ist Deutschland sehr offen für Leute, die sich weiterentwickeln wollen. Ich möchte noch viel im Beruf lernen und mich weiterqualifizieren.“ Die berufliche Perspektive bei Testia sieht ihr Chef Alexander Voß, Regionalleiter Nord Inspektion ebenfalls positiv:

„Marian Torres kann ihre Kenntnisse in der Werkstoffprüfung erfolgreich anwenden und ausbauen. Sie hat bei uns als Qualitätsprüferin angefangen und Erfahrungen in der Flugzeugproduktion gesammelt. Wir unterstützen sie nun mit einer internen Weiterbildung auf ihrem Weg zur Prüferin für zerstörungsfreie Werkstoffprüfung (ZfP) in der Luftfahrt.”

Das Gespräch mit Marian Torres fand im Oktober 2024 statt. Beim Anerkennungsverfahren beriet und unterstützte die Diakonie Hamburg sowie das Hamburger Projekt „Anerkannt & Kompetent – neue Fachkräfte für Unternehmen“ im Förderprogramm IQ - Integration durch Qualifizierung. Das Projekt, das von der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Migranten ASM e.V. durchgeführt wird, richtet sich insbesondere an Menschen mit einer ausländischen Berufsausbildung, die von der IHK FOSA als teilweise gleichwertig eingestuft wurde.